Vogelrute

"Im Siepen"

Der Königsvogel wurde über viele Jahre hinweg „Im Siepen“ nahe Uhlmanns Gehöft in einem romantischen Seitentälchen geschossen. Ganz in der nordwestlichen Ecke sind noch einige Fragmente der alten Vogelrute zu sehen. Jahrelang schallten hier von den Hängen jeweils am letzten Juliwochenende die Schüsse beim Königsschießen wider. Wie die Ränge einer Freilichtbühne erhoben sich nach Norden und Osten die Steilhänge für die Zuschauer. Nach dem Umzug durch das Dorf marschierte die ganze Listertaler Schützengemeinde mit Kind und Kegel in den festlich hergerichteten Siepen. Wer könnte das bunte, farbenfrohe Bild der Zuschauer an den seitlichen Hängen vergessen? Alle waren sie gekommen, um den Höhepunkt des Schützenfestes zu erleben. Aber mancher Gewitterguss ließ die „Flucht“ ratsam erscheinen, denn weit und breit  bestand keine Möglichkeit, sich unterzustellen.

Walter Blumenrath weiß noch zu berichten: „Als im Jahre 1951 ein derartiger Gewitterguss einsetzte, flohen die Leute in Scharen nach Hunswinkel. Nur die Königsanwärter und Schießoffiziere harrten unter einem hohen Baum aus. Doch kaum hatte der Guss nachgelassen, ging der Kampf um die Königswürde weiter“. Große Mengen von Wacholder sollen die Schützen damals im strömenden Regen „warmgehalten“ haben.

Eng verbunden mit dem Vogelschießen im Siepen ist der Name Fritz Busch aus Haustadt. Lange Jahre war er für die Ordnung an dieser Stelle verantwortlich und hielt den Platz auch instand. In jenen Jahren baute Gustav Keller aus Windebruch regelmäßig den Vogel, später waren es dann die Brüder Eugen und Erwin Keller. Für das leibliche Wohl im Siepen war immer reichlich gesorgt in Form von Bier- und Wurstständen. Schon intonierte die Kapelle den Präsentiermarsch, und langsam wurde der stolze Vogel aufgerichtet. Der war aus zäher Listereiche geschnitzt und vertrug schon manchen gehörigen Schuss. Deshalb hielt man sich auch nicht lange mit kleiner Munition auf. Der schwere Karabiner musste her. Oft wurden die Spitzen der Patronen abgekniffen, so dass die Geschosse den Vogel auf der Stange kräftig zerfetzten. Es krachte und splitterte, und manche Kugel soll bis ins Ihnetal geflogen sein… In früheren Jahren waren die Sicherheitsbestimmungen eben noch nicht so streng wie heute. Undenkbar, dass man heute noch wie einst im Siepen auf den Königsvogel schießen dürfte.

Schießen an der Halle

Der Gedanke eines Vogelschießens in der Nähe der Listerhalle lag auf der Hand. Die Ernüchterung jedoch kam spätestens bei der Kostenermittlung für den Bau eines ordnungsgemäßen Schießstandes. 12.000 DM waren das billigste Angebot, und damit war das Thema für den Moment abgeschlossen. Findige Schützen kamen dann auf die Idee, den Vogel über den Listerbach hinweg zu schießen. Schon bald waren Bohlen für einen Schießstand beschafft, der in die Böschung eingelassen werden sollte. So wurde das Schießen lange Zeit durchgeführt. Das brachte den Nachteil mit sich, dass wegen der Enge des Platzes viele Zuschauer das Geschehen kaum verfolgen konnten.

Rudi Zelinski und Hugo Winterhoff aus dem Vorstand jener Jahre waren es dann, die das Problem tatkräftig angingen. Bei den Erdverkabelungen der Elektromark fielen seinerzeit eine Anzahl ausgedienter Eisenmasten an. Auf Scherl lag ein solches guterhaltenes Eisengerüst. Die „Währung“ war in solchen Fällen immer Bier, nur der Transport nach Hunswinkel bereitete einige Schwierigkeiten. Doch damals gab es nichts, was Hugo und Rudi nicht schafften…. In wochenlanger Arbeit in der Freizeit wurde der Mast zur Schießanlage umgerüstet. Nur der Antrieb des schweren Kugelfangs bereitete noch jahrelang große Schwierigkeiten.

Es versteht sich fast von selbst, dass aus Gründen der Kostenersparnis die Schützenbrüder kräftig mit Hand anlegten vom Gießen des Fundamentes an bis zum Schweißen des Eisengerüstes, der Montage des Kugelfangs und dem abschließenden Anstrich. Dazu gehörte natürlich auch das Fundament der Schießplatte, auf die jeweils zum Schützenfest die Gewehrhalterungen aufgeschraubt werden, ebenso wie das Zeltgerüst zum Schutz gegen die Unbilden der Witterung. Die Namen Hugo Winterhoff und Rudi Zelinski sind hier selbstredend stellvertretend auch für die Namen der vielen anderen freiwilligen Helfer genannt worden, die sich beim Bau der Schießanlage beteiligt haben.